Am 14. Februar 2019, zu Valentinstag, lese ich in der EDITION F: „Es gibt längst Studien, die belegen, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine psychische Störung verursacht.“
"Bullshit", möchte ich in die Welt hinausschreien!
"Ich bin eine Überlebende.
ch habe Abtreibungsversuche meiner Mutter überlebt!
Kann die Wissenschaft in die Seelen der Überlebenden blicken,
ihren Schmerz fühlen, den andauernden Kampf ums Überleben?
Nein, kann sie nicht!"
Sehen wir uns den Artikel in der EDITION F genauer an
Grund für diesen Artikel waren die zusätzlichen Gelder, die Gesundheitsminister Jens Spahn angefordert hatte für eine Studie zu den seelischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen.
Es ist interessant zu sehen, dass über das Werbeverbot des Paragrafen 219a diskutiert wird, über Standpunkte der unterschiedlichen Parteien, über den Feminismus, das Recht der Frauen auf "Mein Körper gehört mir" und man dann irgendwie den Bogen schafft zu sagen, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine psychischen Folgen hat.
EDITION F schreibt dabei u.a.: "Die Sozialwissenschaftlerin Kirsten Achtelik sagte in der taz, all das sei wissenschaftlich längst widerlegt – eine aktuelle Studie zeige vielmehr, dass mehr als 95 Prozent aller Frauen auch drei Jahre nach einem Abbruch noch erleichtert über ihre Entscheidung seien. Bereits bestehende Studien weisen vielmehr in die Richtung, dass es womöglich mehr Sinn machen würde, die seelischen Folgen von Eltern zu untersuchen, die ein Kind bekommen haben, obwohl sie lieber einen Abbruch gehabt hätten."
Übrigens: Hinter der Diskussion um den Paragrafen 219a steht etwas viel entscheidenderes, nämlich die Streichung des Paragrafen 218. Es ist wohl geplant, Abtreibung, egal in welchem Schwangerschaftsmontat, zu legalisieren.
Traumatisierung ab der Zeugung
Also, um was geht es wirklich? Was steckt wirklich hinter den Gedanken abzutreiben, der Tat einer Abtreibung? Geht es nicht um die Frage, warum wir Frauen uns immer noch traumatisieren (lassen)? Um die noch universellere Frage: Was ist Leben? Und ab wann entsteht es?
Die Gründe, weshalb Frauen schwanger werden, sind so vielfältig wie die Geschichte der Menschheit. Was hat es für Konsequenzen, wenn Kinder gezeugt werden, aber die Liebe fehlt? Welche Konsequenzen hat es für die Zeugenden, Frau und Mann, sowie für das Kind, wenn eine Abtreibung im Raum steht und wenn ein Abtreibungsversuch „glückt“ oder "schief geht"? Welche Auswirkungen hat dies auf Menschen, die dabei helfen?
Generationen von Frauen vor uns haben Großes geleistet, damit wir heute offen über Schwangerschaft reden können, über unsere Gefühle, Beweggründe. Wir sollten aber nicht glauben, dass wir bereits am Ziel sind und bereits alles wüssten. Weder sind wir uns WIRKLICH über die unterschiedlichen Beweggründe und Emotionen der Frauen bewusst, weder machen wir uns WIRKLICH Gedanken über die Gefühle und Beweggründe der Männer - und KOMPLETT außer Acht lassen wir die Kinder. Die enorm große Anzahl an Kindern, die einen Abtreibungsversuch überlebt haben, die Zeugnis geben können von ihrem Leiden. Und die enorm große Anzahl an Geschwisterkindern, die alles bewusst oder unbewusst mitfühlen.
Professor Dr. Franz Ruppert sagte 2017 in einem Radio-Interview mit ORF Vorarlberg zum Thema "Traumatisierung vor der Geburt":
"Das Überleben eines Abtreibungsversuchs zum Beispiel,
ist eines der schwersten Psychotraumata für ein Kind.
Auch die Frau, die so etwas erlebt, wird dadurch traumatisiert.
Die Kinder, die das überlebt haben,
haben ein Bewusstsein von dem, was sie erlebt haben.
Es ist für sie existentiell und prägt sich ihnen ein."
Ich sollte abgetrieben werden
Ich gehöre zu diesen Kindern. Ich habe meine ganze Kindheit hindurch an diesem Trauma gelitten; und während meines ganzes Erwachsenendaseins. Meine Mutter versuchte mich mehrfach und mit unterschiedlichen Mitteln abzutreiben. Aber mein Lebenswille war stärker, mein "ja" zum Leben war stärker als das "nein" meiner Mutter. Bei meiner Schwester, sie wäre das dritte Kind gewesen, war sie erfolgreich. Diesmal nahm ein Arzt die Abtreibung vor.
Wir fühlen Dinge, die wir nicht zuordnen können. Wir haben eine Todessehnsucht und wissen nicht warum. Wir fühlen uns nie angekommen, so oft alleine - weil es zu keinem Zeitpunkt Halt gab. Wenn wir nicht einen Weg finden, an die Ursache(n) heranzukommen, die Wahrheit zu sehen und fühlen zu wollen, dann sind wir dazu verdammt, den Kreislauf zu wiederholen oder in einen Abgrund zu fallen.
Aufdecken von Traumata durch Aufstellungen
Ist es möglich, dass Trauma der Abtreibung ans Licht zu bringen? Ist Heilung möglich?
In meinem Fall kann ich sagen, ja. Aber der Weg war lang und er war mühsam. Nur langsam, ganz langsam kam ich an die ersten Lebensmonate heran. Als ich vor 20 Jahren anfing spielten die vorgeburtlichen Traumata noch keine Rolle. Die Theorie und die Methoden waren noch nicht soweit.
In den letzten 10 Jahren hat sich hier aber viel verändert. Vor allem dank der Identitätsorientierten Psychotrauma Therapie und der Anliegenmethode von Professor Dr. Franz Ruppert. Wie viele unzählige Selbstbegegnungen musste ich machen bis sich diese Wahrheit ans Licht drängte? Wie oft wollte ich nicht wahrhaben, dass meine Mutter mich abtreiben wollte? Dass ich niemals gewollt war? Zu keiner Minute? Weder im Mutterbauch noch danach? Dass sie mich auch danach nicht haben wollte?
Nur ganz langsam, durch mein Gefühl für mich, durch ein unendliches Meer an Tränen, das Anerkennen was war, durch das Fühlen meiner Schmerzen konnte ich es annehmen, konnte ich mich in die Arme schließen. Mir Heimat in mir geben, zurück zu mir, zurück zu meinem Ich finden. Wie ich es auch in meinem Buch beschreibe.
Realität sehen und anerkennen
"Trauma ist eine Realität, die verleugnet wird.
Und erst wenn diese Realität anerkannt wird,
können auch die Symptome, die sich mit der Verleugnung
herausgebildet haben, wieder auflösen."
Zitat aus dem Radio-Interview von ORF Vorarlberg mit Professor Dr. Franz Ruppert.