Seit fast einem Jahr befinden wir uns in der Corona-Pandemie. In einer Zeit, in der Ängste hervorkommen, Gegensätze sichtbarer werden und Themen nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden können. Es ist eine Zeit, die uns vor viele Fragen stellt. In meinem Buch "Nicht Ohne Mein Ich - Von Trauma und Heilung" von 2019 habe ich folgenden Text geschrieben, der jetzt aktueller ist denn je.
Wollen wir wirklich weiter vor uns selbst davonlaufen?
Wollen wir weiter gegen unsere tiefen inneren Wünsche und Bedürfnisse kämpfen? Wollen wir die ewig selben Muster wiederholen?
Wollen wir weiterhin auf einen Retter hoffen?
Wollen wir weiter unser Heil im Außen suchen, in der Partnerschaft, im Job, etc.?
Wollen wir uns weiter in unsere Ängste flüchten, dem Körper jedes Stimmrecht aberkennen?
Der Blick nach Innen
Oder fangen wir endlich an, stehen zu bleiben und uns zuzuwenden? Haben wir den Mut dazu? Wollen wir es? Wollen wir all unseren Ängsten, Sehnsüchten, Wünschen, Schmerzen, Illusionen und Glaubenssätzen, unserer Wut und unserer Scham ins Gesicht blicken? Wollen wir die Liebe endlich in uns selbst finden? Wollen wir wissen, wer wir sind?
Wir können uns entscheiden, ob wir unsere Lasten der nächsten Generation auferlegen, damit sie sie für uns tragen. Wir können uns aber auch dafür entscheiden, bei uns selbst und mit uns selbst anzufangen. Die junge Generation dreht vielen der sogenannten Werte bereits den Rücken zu. Recht hat sie!
Also, worauf warten wir? Gerade wir in Europa haben die einmalige Chance. Wir leben in Friedenszeiten, wir haben wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse, die eine tiefe Innenschau auf sehr breiter Ebene ermöglichen. Wir müssen nicht mehr um das tagtägliche Überleben kämpfen. Ganz im Gegenteil: Wir leben schon seit Jahren über unsere Verhältnisse. Wir essen mehr, als unser Körper bräuchte. Wir kaufen mehr ein, als wir benötigen. Wir sind andauernd unterwegs und wissen gar nicht wohin.
Die Zeit ist gekommen
Darum: Jetzt ist unsere Zeit gekommen, den Blick von der äußeren, technischen Weiterentwicklung auf die innere Weiterentwicklung zu legen. Seien wir wachsam, wenn jemand die Welt verändern will. Seien wir wachsam, wenn mehr Fokus auf die künstliche Intelligenz gelegt wird als auf die Intelligenz der Natur. Seien wir wachsam, wenn uns Menschen mit Geld und Macht Dingen anpreisen „für unser Bestes“, „for the greater good“, wenn uns eine „neue Normalität“ verkauft wird. Sehen wir nicht mehr weg, wenn Kinder und Tiere misshandelt werden. Lassen wir uns nicht mehr versklaven in der irrigen Annahme, dass uns Geld oder Besitztum oder der Beruf Sicherheit oder Liebe bringen.
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